Wie aus dem Holzwurm Hugo ein glücklicher Bücherwurm wurde

Seit fast fünfhundert Jahren schon lebte die Familie von Hugo, dem Holzwurm, bereits im Turm der Bartholomäuskirche in Volkach. Jedes Mal, wenn Hugo beim Bohren der Holzwurmlöcher und -gänge langweilig wurde, machte er einen kleinen Rundgang durch seinen geliebten Turm.
Besonders gut gefiel ihm die Wetterfahne, denn diese besteht aus einem etwa 90cm großen Halbmond und einem siebenzackigen Stern, der 1,15m Durchmesser hat. Da dauerte es schon eine gute Weile, bis ein so kleiner Wurm darüber hinweggekrochen war. Und der Ausblick über die herrliche Mainschleife ist grandios. Hugo konnte aus der luftigen Höhe von 45m sogar die Winzer in den umgebenden Weinbergen beobachten. Früher gab es sogar eine sogenannte Sturm- und Weinglocke in der Glockenstube. Sie beendete damals die Arbeiten im Weinberg mit ihrem Geläut. Mit großem Bedauern denkt Hugo noch oft daran, wie diese im Jahr 1942 abgenommen und eingeschmolzen wurde.
Gerne kroch Hugo im Sonnenschein auch über die Außenseite des Turmes. Als Verzierungen sind vor allem Wappen angebracht. Im ersten Geschoss erkennt man das Wappen der Voit von Salzburg, daneben befindet sich die Jahreszahl 1517. Das zweite Geschoss ist mit dem Zeichen des Fürstbischofs Lorenz von Bibra verziert und stammt eventuell sogar aus der Werkstatt Tilman Riemenschneiders.
Vier Fenster mit reichem Maßwerk sind am obersten quadratischen Geschoss angebracht. Durch diese gelangte Hugo regelmäßig wieder in das Innere des Turmes, um die im Jahr 1753 eingezogene Flachdecke mit seinen Zähnchen zu bearbeiten.
Ja, Hugo war ein fröhlicher Holzwurm inmitten der malerischen Volkacher Altstadt. Oft beobachtete er die Scharen von Touristen, die über den Marktplatz bummelten oder es sich, in Cafés sitzend, gut gehen ließen. Doch dabei überkam ihn dann und wann auch Fernweh. Er sehnte sich nach etwas Anderem, Neuem. Und was meinst du, wie glücklich Hugo war, als er erfuhr, dass ausgerechnet sein schöner Bartholomäusturm ein Bücherturm werden soll.
„Bücher“, das klingt nach Abenteuern, Geschichten, Träumen – all das, was Hugo bisher so sehr in seinem Leben vermisst hatte.
Als eines Tages ein Volkacher Schulkind – bepackt mit Büchern aus der Stadtbibliothek – vorübergehen sah, packte er die Gelegenheit beim Schopfe, nahm allen Mut zusammen und stürzte sich in die Tiefe. Zielgenau landete er kurz darauf geradewegs auf dem Bücherstapel des Kindes. So schnell es ging, kroch er unter den Deckel des obersten Buches und nun – ja nun war er erst richtig glücklich.
Bis zum heutigen Tag liest und träumt er sich von Buch zu Buch. Und da derzeit so viele Volkacher Kinder mit Büchern unterwegs sind, geht Hugo auch nie das Lesefutter aus.
Und jede Wette, dass Hugo nicht der einzige „Bücherwurm“ in Volkach ist – nicht wahr, Kinder ?!